Der wichtige Unterschied: Family Office Management vs. Private Wealth Management

Wir werden von Neu-Kunden oft gefragt, wie genau sich das Family-Office-Management vom Private-Wealth-Management, etwa einer Bank, unterscheidet. Beides sieht auf den ersten Blick in der Tat sehr ähnlich aus. Bei näherer Betrachtung zeigen sich aber grundlegende, vor allem aber gravierende Unterschiede.

 

Die Rolle des Vermögensinhabers

Beim Private Wealth Management (PWM) ist der Vermögensinhaber selbst in der Regel derjenige, der die Themen der Agenda vorgibt und Leistungen bei einem PMW-Dienstleister (meist einer Bank) abruft. Der Kunde „bestellt“ also von sich aus gemäß seinen Wünschen ausgewählte Dienstleistungen wie Finanzplanung, Estate Planning oder auch eine Analyse seines Beteiligungsportfolios als externe Leistung der Bank. Die Abteilung PWM führt diese durch. Der Vermögensinhaber („Prinzipal“ genannt) selbst bleibt aber derjenige, der punktuell (oft auch opportunistisch) entscheidet, welche Leistungen und Produkte er „einkauft“ – und welche nicht.

Dabei wird bei der Verwaltung des liquiden Vermögens eines Prinzipals beim klassischen PWM-Mandat der Großteil der Leistung durch die Bank selbst erbracht (Hausbankprinzip). Es mag noch weitere Bankverbindungen geben – sie sind der Beziehung zur Hausbank aber in der Regel untergeordnet.

Viel wichtiger: Ein strategisches Management aller Bankverbindungen oder „des liquiden Vermögens“ findet somit in der Regel nicht statt. Alles geschieht nur auf Abruf oder innerhalb der Grenzen von vorab definierten Anlagerichtlinien – also allenfalls reaktiv.

 

Das Family Office: der Trusted Advisor

Beim Family Office Management (FOM) ist es anders: Das Family Office als vertrauter Berater („Trusted Advisor“) blickt auf das Ganze. Es nimmt das gesamte Vermögen des Prinzipals auf (liquide, wie auch illiquide Bestandteile), erstellt darauf aufbauend eine Vermögensbilanznach kaufmännischen Grundsätzen und schreibt die Entwicklung der einzelnen Vermögenscluster fort. Zudem optimiert es gemeinsam mit dem Prinzipal und nach dessen Vorgaben die aufgefundene Vermögensstruktur hin zu einer definierten Zielstruktur mit dem gewünschten Output.

Beim FOM ist also das Family Office aktiver Impulsgeber im Sinne des Prinzipals. Die Agenda wird in der Regel im Family Office geschrieben und strategisch Punkt für Punkt für den Vermögensinhaber umgesetzt – entweder mit inhouse verfügbaren Kapazitäten oder in Zusammenarbeit mit externen Dienstleistern. Diese Externen agieren nach Vorgabe des Family Offices – und müssen sich auch von diesem kontrollieren lassen.

Hinzu kommt, dass das Family Office, anders als die Bank oder die Fachabteilung PWM, sämtliche Maßnahmen immer in den Kontext des Gesamtvermögens setzt – das Family Office arbeitet also sowohl mit einem anderen Auftrag, als auch mit einer ganz anderen Perspektive.

Das Family Office sieht alle Themen rund um die Vermögensverwaltung also stets „mit den Augen des Prinzipals“ – während die Mitarbeiter einer Bank oder eines Vermögensverwalters den Prinzipals mit den Augen einer auf Gewinnerzielung ausgerichteten Bank oder Vermögensverwalters betrachten.

Unterschiedliche Interessen und Perspektiven

Aus diesen verschiedenen, manchmal gar divergenten Perspektiven ergeben sich zwangsläufig ganz unterschiedliche Dogmen für die Vermögensbetreuung: Das Family Office arbeitet ausschließlich objektiv und unabhängig – der Family Officer ist der „Trustee Advisor“. Das bedeutet auch, dass das Family Office neben den Interessen seines Prinzipals keine darüberhinausgehenden oder gar eigenen Interessen verfolgt.

Anders im Privat Wealth Management einer Bank: Als Fachabteilung eines marktlichen und auf Gewinnerzielung ausgerichteten Unternehmens verfolgt es in erster Linie eigene Vermögensinteressen. Die Bank darf und muss sogar einen Gewinn erwirtschaften. Ein Kunde des PWM weiß bzw. sollte wissen, dass dies so ist! Er erwartet deshalb dort auch keinen „Trusted Advisor“, sondern einen Kaufmann, der seine Marge optimiert.

Ein Bespiel: Dass in hauseigenen Produkten der Banken meist Gebühren enthalten und zum Teil auch „versteckt“ sind, sollte keine Überraschung sein. Sie dienen der Gewinnerzielung der Bank. Das Family Office ist nun dazu da, diese Posten zu finden und den Prinzipal vor genau diesen (versteckten) Gebühren bestmöglich zu schützen. Oder sie auf ein Minimum zu reduzieren.

Aus diesem Grund kann ein Multi Family Office (also ein Family Office, das gleichzeitig mehrere Familien oder Prinzipale als selbstständiges Unternehmen betreut) eben nicht gleichzeitig auch Vermögensverwalter sein. Das Interesse, an der Vermögensverwaltung zusätzlich Geld zu verdienen und den eigenen Gewinn zu maximieren, belastet die Objektivität und die Unabhängigkeit solcher Beratungsleistung immer.

Vergütungsstrukturen

Family Offices arbeiten in der Regel ausschließlich auf Grundlage einer aufwandsbezogenen Vergütung (meist nach Arbeitsstunden), die nachschüssig abgerechnet werden. So zumindest die reine Lehre. Allein diese aufwandsbezogene Vergütung entspricht dem für eine funktioniernde Family Office-Geschäftsverbindung erforderlichen Transparenzgebot.

Wenn der Auftraggeber weiß, was er wofür vergütet, ist die Balance gewahrt und werden „Principal Agent“-Konflikte vermieden. Ein Family Office, das auf Basis einer „All-in-Fee“ vergütet, setzt sich selbst dem Verdacht aus, die eigenen finanziellen Interessen möglicherweise über die seines Prinzipals zu stellen. Allenfalls möglich wäre die Vereinbarung einer „Flatrate“, wenn sich die Kosten des Family Office Managements über einen bestimmten Zeitraum eingependelt haben.

Bei Banken entspricht dagegen die „All-in-Fee“ dem gelebten Geschäftsmodell und dem oft bemühten Karma, „wenn es gut läuft, freuen wir uns beide“. Wenn es aber weniger gut laufen sollte, löst diese „all-in-fee“ beim PWM möglicherweise Begehrlichkeiten nach Investments aus, die einen momentan höheren „Earn“ liefern, aber damit vielleicht strukturelle Defizite überlagern, die langfristig mit einem zu hohen Risiko für den Prinzipal behaftet sind.

Fazit

Family Offices und Family Officer sind die vertrauensvollen Ratgeber ihrer Prinzipale. Metaphorisch betrachtet sitzen sie an der gleichen Seite des Tisches wie die Personen oder Familien, die sie beraten – und vertreten allein deren Interessen. Die Vertreter der Banken nehmen dagegen gegenüber Platz.

Dieser schon bildliche Antagonismus verdeutlich, warum Banken und ein banknahes Private Wealth Management keine besonders überzeugenden Family Office-Berater sind. Jedenfalls dann nicht, wenn sie es unterlassen haben das Family Office-Geschäft vom Rest des Bankgeschäfts abzugrenzen.

Es muss nicht gleich ein eigenes Family Offices mit komplett eigenen Strukturen sein – aber die Beratung durch und die Diskussion mit einem unabhängigen und objektiven externen Berater oder gar einem „Trusted Advisor“ ist unablässig. Denn sie setzt den richtigen Rahmen, zeigt Schwachstellen auf und hilft Fehler zu vermeiden.

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